Im zwischenmenschlichen Bereich ist die größte und wichtigste Kraft: die Liebe. Wenn Liebende räumlich voneinander getrennt sind, dann wächst die Sehnsucht. Der Mensch kann auch zu Gott eine persönliche Beziehung haben. Der hl. Augustinus schreibt in seinen „Bekenntnissen“ (confessiones) folgendes: „Gott, du hast uns auf dich hin geschaffen, und unruhig ist unser Herz, bis dass es ruhet in dir“.- Dies ist eine schöne und tiefe Beschreibung der Sehnsucht nach Gott. Jedes Gebet ist Ausdruck dieser Sehnsucht.
„Sehnsucht“ ist eine Fähigkeit, die nur uns Menschen zukommt. Mit seiner Sehnsucht kann der Mensch Gott erreichen, obwohl er nicht sichtbar und mit dem Verstand nicht begreifbar ist. Gott ist transzendent, er „übersteigt“ all unsere Fähigkeiten und Talente. Obwohl wir Gott nicht sehen, noch direkt erfahren können, ist er existent. Er ist der „Ich bin da“ (Jahwe), wie Gott im Alten Testament im Buch Exodus genannt wird.
Sehnsucht ist eine positive, geistige Kraft, die uns zu Innerst tief beglücken und zu großen Taten motivieren kann. Bei liebenden Menschen schafft schon allein der Gedanke an den Geliebten Freude und Beglückung. Je größer die Liebe, um so größer die Sehnsucht nach dem Geliebten, umso größer das Beglücktsein.
Das letzte und wichtigste Ziel unseres Lebens ist, dass wir bei Gott sind. Und das ist der Himmel. Gott hat uns Menschen zur Freude und zum Glücklichsein geschaffen. Unsere letzte Bestimmung ist, dass wir in den Himmel kommen, in die Nähe Gottes kommen.
Bereits als Jugendlicher mit 18 Jahren habe ich für mein Leben ein Ziel gefunden: Ich wollte einmal in den Himmel kommen. Ich erinnere mich noch genau an die Situation: Es war in einer Kirche in Celle (Niedersachsen), wo ich das Sakrament der Versöhnung empfangen hatte. Ich habe weiter gedacht: Als Priester muss ich Menschen helfen auf ihrem Weg zu Gott. Dabei werde ich dann selber angeeifert, auch diesen Weg zu gehen. Und da stand mein Entschluss fest: Ich habe zunächst den Lehrvertrag gekündigt, und das war möglich, weil es ein Berufswechsel war. Und dann bin ich konsequent den Weg zur Priesterweihe gegangen. Das war vor 62 Jahren, und ich habe es nicht bereut.
Die innere Sehnsucht nach Gott hat sich bei mir im Priestersein verwirklicht. Es war nicht immer leicht. Kein Menschenleben ist leicht. Aber ich würde die gleiche Entscheidung treffen. Gott stand mir zur Seite. Und dafür danke ich.
Dr. Martin Bialas CP